12 August 2023

Aufgeheizte Geschäfte

Erschienen in: profil, am 12.8.2023

Foto: © Julian Kern

Eigentlich funktioniert sie wie ein Kühlschrank – nur umgekehrt. Denn während ein Kühlschrank Kälte erzeugt, wird bei der Wärmepumpe Außenluft, Luft aus dem Erdreich oder dem Grundwasser entzogen und in Heizenergie umgewandelt. Und weil das Funktionsprinzip so einfach und der Wirkungsgrad so hoch ist, boomte zuletzt das Geschäft mit ihr. Im Vorjahr war sie mit 50.400 Stück das am häufigsten verkaufte Heizsystem – generell überholten die erneuerbaren erstmals die fossilen Heizungen. Und anders als bei der Photovoltaik oder der Windkraft gilt die Wärmepumpe als jene Innovation, bei der Europa nicht von China abhängig ist. Noch nicht. Denn aufgrund der starken Nachfrage hat man auch in Asien ihr Potenzial erkannt und Megafabriken hochgezogen.


Berechnungen der Internationalen Energieagentur (IEA) zufolge könnten Wärmepumpen bis 2030 weltweit 500 Millionen Tonnen einsparen. Das entspricht in etwa der Menge an Treibhausgasemissionen, die alle Autos in Europa jährlich ausstoßen. Ein Einsparungspotenzial, das den Markt in Bewegung versetzt. So hat das deutsche Unternehmen Viessmann im April beschlossen, seine gesamte Klimasparte um zwölf Milliarden Euro an den US-Hersteller Carrier Global zu verkaufen. Auch der Rüstungshersteller Rheinmetall möchte künftig an der Heizungswende verdienen. Dafür wurde erst vor Kurzem ein 770 Millionen Euro schwerer Auftrag für Verdichter an Land gezogen. Das Know-how für das „Herzstück der Wärmepumpe“ bringt der DAX-Konzern aus Düsseldorf aus seinem Autozulieferergeschäft mit. Es sind Verdichter, die auch in Österreich und Deutschland dringend benötigt werden. Denn wenn es nach dem Branchenverband Wärmepumpe Austria geht, müssten für das Ziel der Klimaneutralität im Jahr 2040 rund 1,3 Millionen Wärmepumpen in Österreich verbaut sein. Und auch in Deutschland verfolgt man ambitionierte Pläne: Ab 2024 sollen jährlich 500.000 neue Wärmepumpen installiert werden – bis 2030 sollen es gar sechs Millionen werden, sagte der grüne deutsche Wirtschaftsministers Robert Habeck im Sommer letzten Jahres.


In der Praxis bricht die Nachfrage nach der Wärmepumpe heuer aber nach dem Rekordjahr 2022 wieder ein. In Deutschland wurden im ersten Halbjahr nur halb so viele Förderanträge für Wärmepumpen gestellt wie im Vorjahreszeitraum. Und auch in Österreich sind die Förderanträge laut dem Klimaschutzministerium deutlich zurückgegangen. Zum einen ist mit dem Gaspreis auch der Druck, schnell auf eine nichtfossile Heizung umzusteigen, gesunken. Zum anderen haben im Vorjahr viele Haushalte und Bauträger wegen der Energiekrise in ein neues Heizsystem investiert, was sie unter anderen Bedingungen erst später getan hätten. Dass sich die Wärmepumpe aber mittelfristig als saubere Heizalternative etablieren soll, ist unbestritten.