Erschienen in: profil, am 29.10.2023

Foto: © Julian Kern
Die ewige Ruhe. Ein Thema, mit dem sich vor allem ältere Menschen häufiger beschäftigen. Soll es eine klassische Erdbestattung oder eine Feuerbestattung sein? Und wo will man überhaupt in Ewigkeit ruhen? Gibt es ein Familiengrab? Oder hat man in einer neuen Stadt eine Familie gegründet und möchte dort begraben werden? Auch einige der Personen, die in den rund 25.000 Gräbern der Friedhöfe Dornbach und Hernals im 17. Wiener Gemeindebezirk bestattet wurden, haben sich vermutlich mit ihrem Ableben beschäftigt. Die ewige Ruhe hat dort – zumindest akustisch – aber niemand gefunden. Denn schräg gegenüber, mit der Anschrift Alszeile 19, befindet sich eines der ältesten Fußballstadien Österreichs: die Heimstätte des Wiener Sport-Clubs. Und an Spieltagen sorgen dort fast 2000 Fans regelmäßig für lautstarke Stimmung – auch auf der legendären Friedhofstribüne. Aber während der Sport-Club seit mehr als fünf Jahren auf einen Ausbau seiner Infrastruktur wartet, wurde am Friedhof Hernals im Sommer 2023 ein neues Areal eröffnet: der junge Waldfriedhof.
Vorbei am Grab von Christine Nöstlinger, erreicht man das 2000 Quadratmeter große Areal. 32 Bäume wurden hier, am fast höchsten Punkt des Friedhofs mit Blick auf ganz Wien, vor einigen Wochen gepflanzt. Rund um einen solchen Baum haben bis zu 24 biologisch abbaubare Urnen Platz. Die Idee: Im Lauf der Zeit verrottet die Urne, und aus der Asche eines verstorbenen Menschen wächst neues Leben. Aus den kleinen Bäumchen soll irgendwann ein Wald werden. Es ist ein naturnahes Abschiednehmen. Und Pflege braucht ein Grab, das es eigentlich nicht gibt, auch nicht. Das Interesse und die Nachfrage nach solchen Plätzen seien groß, erzählt eine Friedhofsmitarbeiterin: „Im Einklang mit der Natur und ohne Angehörigen später zur Last zu fallen“, sagt sie. Wohl auch, weil es meist eine kostengünstige Bestattung ist.
Und obwohl solche alternativen Bestattungsformen längst nicht neu sind, boomen sie. Waldfriedhöfe, das Ablassen einer Urne auf den Grund der Donau oder eine Diamantenbestattung – es gilt der Trend zur Einzigartigkeit, den die Branche seit der Liberalisierung des Bestattungsmarktes im Jahr 2002 spürt. „Begräbnisse sind im Lauf der Zeit immer individueller geworden“, sagt der Geschäftsführer der Bestattung Wien, Jürgen Sild. „Wir haben auch schon Fälle abgewickelt, wo sich ein Kunde den billigsten Sarg ausgesucht hat, auf die Trauerfeier verzichtet hat, aber drei bis vier Diamanten im Wert von je 3000 bis 4000 Euro in den Sarg eingearbeitet haben wollte“, erzählt der 51-jährige Jurist. Wie viel ein Begräbnis kostet, lasse sich nur schwer beziffern. Zu verschieden seien die Wünsche, zu groß die individuellen Auswahlmöglichkeiten. Zahlen verrät Sild im Gespräch mit profil aber dann doch: „Mit 5000 bis 5500 Euro muss man circa rechnen, wobei gut die Hälfte davon für Friedhofsentgelte anfällt.“ Auf Preisänderungen reagiere die Kundschaft sehr sensibel, nicht zuletzt aufgrund der Teuerung. Günstiger ist die Feuerbestattung. Die Preise beginnen hier bei etwas mehr als 2000 Euro. „Sich verbrennen zu lassen“ ist es auch, was in Österreich immer beliebter wurde. Aber der Umgang mit so einer Urne – vor allem, wenn es um die Aufbewahrung daheim geht – ist kompliziert und bürokratisch aufwendig.